Korrektur: ARD-Kontraste: Internet-Trolle gelangten durch illegale Polizeiabfragen an Adressen ihrer Opfer

11.04.2024, 11:34 Uhr
Internet, Fernsehen, Medien, Kriminalität
Berlin

Korrigierte Fassung der Meldung vom 11.04.2024 07:00

In Kooperation mit news aktuell (dpa-Gruppe)
Urpsprünglich erschienen auf http://ots.de/57d085

Korrektur: Die Politiker sind im September 2023 Opfer missbräuchlich ausgelöster Polizei- und Feuerwehreinsätze geworden.

(In einer früheren Version hieß es, Politiker seien im September 2022 Opfer missbräuchlich ausgelöster Polizei- und Feuerwehreinsätze geworden.)

ARD-Kontraste: Internet-Trolle gelangten durch illegale Polizeiabfragen an Adressen ihrer Opfer

Eine Gruppe von Internet-Trollen begeht seit Jahren organisiert Angriffe auf Live-Streamer und Politiker. Die Gruppe, die sich "NWO" nennt, steckt offenbar auch hinter der Serie von Bombendrohungen im vergangenen Herbst auf öffentliche Einrichtungen. Das ergeben gemeinsame Recherchen des ARD-Politikmagazins "Kontraste" und des SPIEGEL. Demnach ist die "NWO" auch verantwortlich für falsche Notrufeinsätze bei zahlreichen Politikern, die im September 2023 Opfer missbräuchlich ausgelöster Polizei- und Feuerwehreinsätze geworden sind.

Wie die Täter im Einzelnen an die Adressen gelangt sind, ist unbekannt. Allerdings zeigen die Recherchen von "Kontraste" und SPIEGEL, dass Mitglieder der "NWO" illegale Abfragen im internen Polizeisystem POLAS nutzten, um an Privatadressen ihrer Opfer zu gelangen. Einem Insider zufolge rufen sie dafür mit gefälschter Telefonnummer bei der Polizei an und geben sich als Kollegen aus. So kamen sie in einem Fall im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen an die Adresse einer Frau, die sie offenbar unter Druck setzen wollten. Die Polizei in Konstanz ermittelt inzwischen gegen den anonymen Anrufer und den getäuschten Polizeibeamten. "Kontraste" und dem SPIEGEL liegen mehrere Tonaufnahmen vor, in denen "NWO"-Mitglieder behaupten, POLAS-Daten abgefragt zu haben.

Die "NWO" hat Listen mit Privatadressen von 77 ehemaligen und aktuellen Landtagsabgeordneten aus Niedersachsen und Rheinland-Pfalz erstellt. Die Cyber-Kriminellen planten zudem, Adressen von Bundestagsabgeordneten ausfindig zu machen. Ein riesiger Datensatz, der "Kontraste" und dem SPIEGEL vorliegt, ermöglicht erstmals einen Einblick in das Innerste der "NWO": über 75.0000 interne Chatnachrichten, Videos, Dokumente und Tonaufnahmen von Gesprächen aus unterschiedlichen Quellen über einen Zeitraum von rund sechs Jahren.

"Kontraste" und der SPIEGEL haben stichprobenartig Kontakt zu Politikern auf der Liste aufgenommen. Zehn von ihnen bestätigten, dass es bei ihnen tatsächlich zu Notfalleinsätzen gekommen sei, wie etwa die CDU-Abgeordneten Anette Moesta oder Michael Ludwig. Unter den Betroffenen ist auch die rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Lisa-Marie Jeckel (Freie Wähler). Sie habe die Situation als "beängstigend" empfunden, sagt sie. Polizei- und mehrere Feuerwehrwagen seien vor ihrem Haus in einem Dorf im Taunus vorgefahren.

Die Attacken der "NWO" bezeichnet man als sogenanntes "Swatting", der Begriff leitet sich von Swat-Teams ab, schwer bewaffnete Polizeieinheiten wie in Deutschland die Spezialeinsatzkommandos (SEK). Diese werden durch falsche Notrufe absichtlich zu Unschuldigen geschickt. In den USA sind durch Swattings bereits mehrere Menschen gestorben.

Meist richten sich die Angriffe der "NWO" gegen Streamerinnen und Streamer. Nach einer Statistik der Betroffenenorganisation "Institut für Sicherheit und Datenanalyse im Streaming" (ISDS) traf es seit Februar 2022 allein 132 Streamer, die die Plattform Twitch nutzen - teilweise mehrfach. Nach ISDS-Angaben sind im selben Zeitraum 1048 Streamer im Visier der "NWO" gelandet. Die Täter wollten Menschen regelrecht kaputtmachen, sagt die Cyberpsychologin Catarina Katzer. Ziel sei es, selbst Kontrolle und Macht auszuüben. "Es ist eigentlich wie eine Art Treibjagd", so Katzer.

Mehr dazu am Donnerstag, 11.04., um 21:55 Uhr bei Kontraste im Ersten.

Pressekontakt:

Rundfunk Berlin-Brandenburg
Kontraste
Das Magazin aus Berlin
Telefon: +49 30 97993 22800
Telefax: +49 30 97993 22809
kontraste@rbb-online.de
http://www.rbb-online.de/kontraste/


Original-Content von: rbb - Rundfunk Berlin-Brandenburg, übermittelt durch news aktuell

Villingen-Schwenningen - Zurück zur Ortsübersicht